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Ratschläge fürs Leben

Ich habe kürzlich wieder mal ein Buch von Rolf Dobelli gelesen mit dem Titel Die Kunst des guten Lebens. Mir hat das Lesen sehr viel Spaß gemacht, da das Buch einigermaßen kritisch mit vielen der derzeit populären Auffassungen zur Persönlichkeitsentwicklung daher kommt. Ein wunderbarer Gegenpol, um sich nicht zu sehr von der populären Meinung einlullen zu lassen. Einige der nützliche Werkzeuge möchte ich hier kurz und knapp vorstellen, wer neugierig ist, sollte sich das Buch einfach mal selbst durchlesen. Es ist wirklich erfrischend geschrieben.

Mentale Buchhaltung

Gleich zu Beginn wird das Werkzeug der mentalen Buchhaltung genannt. Hier wird vorgeschlagen, dass man einen Verlust mental ausgleicht, indem man ihn anders verbucht. Als kurzes Beispiel wird genannt, dass man einen Strafzettel direkt von der nächsten Spende abzieht, um so gedanklich keinen Verlust zu verbuchen, sondern gelassen auf den Strafzettel reagieren kann. Das würde mir persönlich zu weit gehen. Eine ähnliche Vorgehensweise kenne ich aber aus meiner mentalen Buchhaltung, so bilde ich monatlich Rücklagen für die Instandhaltung unseres Hauses. Sollte also mal eine Reparatur anfallen, habe ich kein ungutes Gefühl, die Ausgaben von diesen Rücklagen zu bezahlen, da ich es mir nicht von meinem Freizeitbudget oder meinen Investitionen abzwacken muss. Die Reperaturrechnung ärgert mich so deutlich weniger. Rücklagen für bestimmte Fälle zu bilden kann gedanklich schon eine Menge bewirken.

Antiproduktivität

Einige Dinge des heutigen Lebens werden als Produktivitätssteigernd verkauft und sind in wirklich wahre Produktivitätsräuber. Klar, das Auto bringt einen schnell von A nach B. Der Arbeitsaufwand, um das Auto instand zu halten und der Zeitaufwand, der zur Finanzierung des Autos benötigt wird (die Arbeitszeit), ist aber auch nicht unerheblich. Wenn man beides gegenrechnet, hat man am Ende vielleicht doch keine Zeit gespart. Gleiches gilt natürlich auch für das neueste Smartphone oder die Smartwatch. Sparen diese Geräte wirklich Zeit ein oder sind sie letzten Endes eher Zeitfresser? Über dies einmal nachzudenken, ist ein wertvoller Tipp, wie ich finde. Dies gilt natürlich für alle vermeintlichen Zeitsparer, die uns heute so angepriesen werden.

Die innere Bewertung

Es ist nur relevant, was man selbst von sich denkt und unerheblich, was andere von einem denken. Lob und Kritik von außen sollten der eigenen Bewertung untergeordnet werden. Wenn man alles gibt und das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend für andere, kann man trotzdem mit sich selbst zufrieden sein. Das gleiche gilt natürlich auch umgekehrt, wenn man gelobt wird und man hat dieses Lob (in den eigenen Augen) eigentlich nicht verdient, hilft es einem nicht, um sich besser zu fühlen. Es ist also völlig unerheblich, ob du gelobt oder getadelt wirst, es ist nur wichtig, wie du selbst von dir denkst.

Man muss nicht immer eine Meinung haben

Eine Meinung zu komplexen Dingen wird durch das menschliche Gehirn einfach viel zu schnell getroffen. Wer kann schon wirklich beurteilen, welches Vorgehen beim Coronavirus wirklich ideal ist? Kein Experte kann das leisten und geschweige denn man selbst ohne jegliche fachliche Kompetenz. Dennoch bildet man sich schnell ein Urteil. Ist es denn wirklich falsch, einfach mal keine Meinung dazu zu haben und einfach mal die Klappe zu halten? Irgendwie kommt es immer komisch an, wenn man nach der eigenen Meinung gefragt wird und wenn man dann sagt, ich habe dazu keine Meinung. Es klingt, als würde man keine Auskunft geben wollen, aber man ist sich vielleicht nur bewusst, dass man sich keine Meinung bilden sollte.

Mentale Subtraktion

Einfaches Prinzip: Man stellt sich vor, man verliert etwas aus seinem Leben, um dann froh zu sein, es noch zu haben. Diese gedankliche Übung kann für den ein oder anderen wirksamer sein als eine generelle Dankbarkeitsübung. Was wäre, wenn du deinen rechten Arm verlieren würdest? Bist du froh, ihn zu haben? Wann warst du zuletzt dankbar für deinen Arm? Gleiches kann man natürlich beliebig fortsetzen, Frau/Freundin, Kinder, Haus, Wohlstand, Lebensmittel, Gesundheit usw.

Man wird die Welt nicht verändern

Das klingt jetzt etwas trübe, aber man soll sich keine Illusion machen, dass man unersetzlich ist. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man die Welt verändern wird und man sollte sich dieser Illusion auch nicht hingeben. Auch berühmte Männer waren stets nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort und wären sie dort nicht gewesen, wäre es vermutlich einige Jahre später dennoch dazu gekommen. Wäre Edison nicht der Erfinder der Glühbirne gewesen, hätte einer der zahlreichen anderen Erfinder dies kurze Zeit später erfunden (vielleicht wurde sie auch bereits früher erfunden). Man sollte sich selbst nicht so wichtig nehmen, dies führt auch zu einer gewissen Entspannung. Die Welt geht nicht unter, nur weil man mal nicht da ist.

Die richtige Entscheidung treffen

Du hast 100 Möglichkeiten. Schau dir die ersten 37 an, prüfe sie und verwerfe sie. Entscheide dich bei den nächsten 63 Möglichkeiten für die Erste, die besser ist als die verworfenen 37. Dies ist auch als das Sekretärinnenproblem bekannt mit der mathematischen Anleitung, zuerst eine Stichprobe von ca. 37 % zu erheben, um darauf aufbauend dann eine Auswahl aus den folgenden Möglichkeiten zu treffen. Das Problem liegt nur darin, dass man meistens nicht genau weiß, dass man zwischen 100 Möglichkeiten auswählen kann.

Fazit

Ich mag die Bücher von Rolf Dobelli sehr und seine direkte Art macht mir ungeheuer Spaß. Es wird nicht groß drumherum geredet, vielleicht auch etwas taktlos und manchmal werden radikal einige Annahmen degradiert. Aber gerade dies ist sehr erfrischend. Von mir gibt es hier eine klare Empfehlung, sich auch einmal die vielen anderen Ratschläge von Rolf Dobelli anzuschauen, auch wenn sie nicht immer angenehm sind. Interessant sind sie allemal.

Viel Spaß beim Lesen und bis nächsten Monat,

Carsten Elfers