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Naive Portfoliostruktur – Anlageklassen im Portfolio

Sobald man einige verschiedene Anlageklassen kennengelernt hat, stellt sich die Frage, welche Anlageklassen man zu welchen Anteilen in seinem Portfolio vertreten haben möchte. Du könntest jetzt natürlich sagen, am besten alle Anlageklassen zu gleichen Teilen, damit das Portfolio maximal diversifiziert ist. Ganz so einfach ist es jedoch nicht, da jede Anlageklasse unterschiedliche Renditen und Risiken aufweist. Ich möchte dir daher in diesem Beitrag einmal die Naive Portfoliostruktur vorstellen, ein einfacher Ansatz, um Ideen für seine Portfoliostrukturierung zu generieren. Aber fangen wir vorne an.

Wie kann ich sehen, welche Risiken eine Anlageklasse hat?

Das ist gar nicht so einfach, denn es gibt eine Vielzahl von Risiken. Im Zusammenhang mit Wertpapieren wird häufig das Risiko durch die Volatilität des Wertpapiers gemessen. Grob gesagt, ist die Volatilität die Stärke der Kursschwankung des Wertpapiers. Mit diesem Wert kann man gut rechnen und die Schwankungen einzelner Wertpapiere miteinander vergleichen, sie drückt jedoch nur die vergangene Wertschwankung aus und nicht das eigentlich Interessante, nämlich wie wahrscheinlich ein langfristiger Verlust ist. Zudem ist dieser Wert auch nicht auf alle Anlageklassen anwendbar. Private Kredite (P2P-Kredite) haben zum Beispiel eine sehr geringe Volatilität. Das Risiko eines Totalausfalls der Plattform ist jedoch stets gegeben, auch ohne Volatilität. Diese Anlageform als risikolos einzustufen ist sicherlich nicht richtig, ganz im Gegenteil.

Du merkst, das Risiko einer Anlage zu bestimmen, ist nicht ganz so einfach. Auch hier gilt, bilde dir deine eigene Meinung. Informiere dich zu den Anlageklassen und deren Risiken und bewerte selbst, wie du das Risiko einschätzt.

Portfolioaufbau anhand der Portfoliotheorie?

Du kennst ja bereits die Begriffe Korrelation und Volatilität. Man könnte nun diese beiden Kennzahlen dafür nutzen, sich ein Portfolio zu erstellen, dass möglichst eine geringe Volatilität besitzt. Genau diese Idee wird durch die Portfoliotheorie nach Markowitz und dem Minimum-Varianz-Portfolio verkörpert. Aber eigentlich interessieren wir uns ja weniger für die Varianz bzw. Volatilität in einem Zeitraum, sondern für die erwartete Rendite in X Jahren. Alleine die Varianz zu minimieren kann auch nicht das Ziel sein, da wir dadurch vermutlich eine sehr konservative Anlage ohne Rendite wählen würden, wie zum Beispiel das Tagesgeld. Wir interessieren uns auch nicht für die Kennzahlen aus der Vergangenheit, sondern wie sich die Werte in der Zukunft entwickeln werden. Der Ansatz, die Varianz zu minimieren, ist dabei sicherlich hilfreich, wir wollen uns heute aber einmal anders einer Portfoliostruktur nähern.

Naive Portfoliostruktur

Nehmen wir an, wir möchten möglichst viel Rendite erzielen, das Risiko minimieren und stark diversifizieren. Dabei wollen wir möglichst wenig Kennzahlen bestimmen müssen, da diese teilweise nur eine geringe Aussagekraft für die Zukunft besitzen, die falschen Kenngrößen sind oder wir sie einfach nicht zuverlässig ermitteln können.

Für die Diversifikation gehen wir davon aus, dass wir alle Anlageklassen zu gleichen Teilen im Portfolio haben wollen, sofern diese auch das gleiche Rendite-/Risiko-Verhältnis haben. Kennzahlen wie die Korrelation ignorieren wir dabei im Detail, sondern gehen davon aus, dass all unsere Anlageklassen etwa gleich stark korrelieren. Das ist zwar wirklich naiv, aber nicht unbedingt falsch. Schließlich können wir nicht in die Zukunft blicken, um so die richtige Korrelation für unsere zukünftige Investition zu ermitteln. Darüber hinaus können wir davon ausgehen, dass sich die Anlageklassen ja schon grundlegend unterscheiden und daher nicht zu 100 % korrelieren.

Für das Rendite-/Risiko-Verhältnis überlegen wir uns einmal, mit welcher Wahrscheinlichkeit wir welche Rendite über die nächsten X Jahre erwarten. Das ist so etwas wie informiertes Raten, denn keiner kann in die Zukunft schauen und uns genau sagen, welche Rendite wir zu erwarten haben oder welche Risiken uns zukünftig erwarten können. Wir müssen uns selbst ein Bild machen, dazu kann man sicherlich auch die Volatilität und die Rendite der Vergangenheit mit einbeziehen, aber halt nicht nur. Über die Wahrscheinlichkeit und die erwartete Rendite können wir uns einen Erwartungswert für die Zukunft ausrechnen. Das Gleiche können wir auch für den Verlust machen, also wie wahrscheinlich ist es wohl, in den nächsten X Jahren das gleiche als Verlust einzufahren. Dann berechnen wir den Gesamterwartungswert und gewichten die Anlageklassen anhand dessen.

Naive Portfoliostruktur – Die Kernziele

  • Maximieren der Diversifikation
  • Maximieren der erwarteten Rendite
  • Minimieren des erwarteten Risikos
  • keine detaillierte Betrachtung der Korrelation
  • informiertes Raten der Rendite und des Risikos

Beispielrechnung

Nehmen wir mal ein Beispiel aus der Welt der Aktien und gehen davon aus, dass wir über die nächsten 10 Jahren zu 80 % eine Rendite von 7 % bekommen werden. Wären wir uns zu 100 % sicher, diese Rendite zu bekommen, dann hätten wir nach 10 Jahren etwa 196 % unserer Investition, also einen Gewinn von 96 % zu erwarten. Da wir uns aber nur zu 80 % sicher sind, erwarten wir eher einen Gewinn von nur 76,8 %.

Wenn wir jetzt noch davon ausgehen, dass wir zu den anderen 20 % nicht nur keinen Gewinn erwarten, sondern dass dann mit einem Verlust zu rechnen ist, sagen wir auch im Schnitt 7 % pro Jahr, dann würde man dies wie folgt berechnen: Wir hätten also zu 20 % einen Verlust von 51,6 %, also 10,3 %. Subtrahieren wir diese Werte voneinander, also Gewinnerwartung minus Verlusterwartung, dann kommen wir bei einem erwarteten Gewinn von 66,5 % in den nächsten 10 Jahren raus. Ja, das ist eine naive Rechnung, aber die Zukunft vorherzusagen ist nun mal keine genaue Wissenschaft. Diese Rechnung soll uns nur helfen, eine Idee für unsere Portfolio-Aufteilung zu bekommen.

Was sind die Vorteile?

  • einfach zu berechnen
  • keine Annahmen in Bezug auf die Wertentwicklung der Vergangenheit
  • lediglich Verdeutlichung der eigenen Anlagepräferenzen und der eigenen Rendite-/Risiko-Abschätzung
  • direkte Abbildung des Risikos, keine Einschränkung auf Volatilität
  • Mischkalkulation zwischen Risiko, Rendite und Diversifikation möglich

Einfach mal ausprobieren

Probiere doch die Naive Portfoliostruktur einmal selbst aus, vielleicht entspricht sie ja deinen bisherigen Vorstellungen oder zeigt dir eine neue Idee für dein Portfolio auf. Denke aber stets daran, dass es keine Anlageempfehlung ist und dir nur dabei helfen soll, dir deine eigene Meinung zu verdeutlichen. Du musst dir selbst überlegen, was für dich am geeignetsten ist.

Ich wünsche dir viel Spaß dabei,

Carsten Elfers